Salzburg im Winter - 24notes
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Salzburg im Winter

Eine Städtereise im Winter zu beginnen, hieß für mich schon, mit Etlichem zu brechen, was mir in meinem bisherigen Leben vertraut geworden war. Und dabei meine ich nicht den fehlenden Schnee, der auch in diesem Winter nicht in der gefühlt richtigen Menge fallen wollte. Vielmehr war es die Einsicht, dass das genießerische Herumlungern auf und an den historischen Hotspots einer Stadt einfach zu 100 % vom Plan des Machbaren zu streichen war.

Wohin, wenn es dich friert?

Ebenso die Erkenntnis, dass Museumsaufenthalte entgegen meiner sonstigen Gewohnheit irgendwie immer länger dauern wollten als geplant. Wieviel sinnlose Zeit ich bei früheren Reisen nur darauf verwandt habe, irgendwo im Freien nichts zu tun wurde mir klar, als der Tagesplan für Salzburg schon weit vor der Abendessenszeit abgearbeitet war. Da blieb mir natürlich die Option, einige Zeit der Muße in einem Kaffeehaus zu verbringen. Doch es wurde schnell klar, dass diese Idee so einzigartig nicht war. Ob der wörtlich drängenden Nachfrage war das Servicepersonal auf raschen Durchsatz organisiert. Rasch wurde ich an einen überfüllten, nicht abgeräumten Tisch gesetzt und nach vollbrachtem Konsum ebenso rasch wieder in die nasskalten Gassen Salzburgs entlassen. Es half nichts, der letzte Zufluchtsort blieb das Hotelzimmer, welches mich mit einer heißen Dusche wieder auf Temperatur brachte.

Salzburg überrascht durch Enge.

Eingezwängt zwischen Mönchs- und Festungsberg sowie der Salzach entwickelten sich Gässchen von pittoreskem Charakter, die die Besucher in Scharen stürmen. Ein wahres Fest für Menschen, die das Bad in der Menge lieben. Und eine Katastrophe für Fotografen, die, kaum sie einem Motiv gewahr werden, chancenlos von dem steten Fluss der Massen hinweggespült werden wie ein Stück Treibholz in der Salzach. Doch im Winter hilft selbst frühestes Aufstehen nicht wirklich weiter; man findet sich in den Gassen wohl allein, allerdings auch ohne Licht. Nach einigem atmosphärischen Treibenlassen in der Altstadt, fühlte ich mich bereit, mich den zentralen und wichtigsten Baudenkmälern Salzburgs zu nähern.

Stets war es mein Mühen von den Sehenswürdigkeiten einer Stadt jene mit dem größten Zulauf zuletzt zu besuchen. Also mied ich den barocken Salzburger Dom und wandte mich der Franziskanerkirche zu. Diese wirkt durch ihre schlanke, gotische Architektur recht schlicht im Vergleich zum mächtigen Dom. Eine Kirche der Bürger halt. Allerdings finden sich bei näherem Hinschauen Basteleien nahezu aller denkbaren Stilrichtungen. Die jeweiligen Generationen konnten wohl dem Drang ein bleibendes Werk zu hinterlassen, schwerlich widerstehen. Der angegliederte Friedhof lockte mich zu einem Besuch. Weniger um dort nach verblichenem Kirchenadel zu suchen, sondern vielmehr, um im Windschatten des Kirchenschiffs ein paar Strahlen der wärmenden Mittagssonne aufzufangen.

Häuser im Fels und Stiegls kühles Bier.

Darauf wanderte ich am Fuß des Mönchsbergs entlang in die Gstättengasse und staunte nicht schlecht. Die Häuser schmiegen sich regelrecht an die steilen Abhänge. Wie es sich in solchen Häusern wohl wohnt? Der kalte Fels im Rücken lässt keine gemütliche Atmosphäre vermuten. Wie auch immer, das kalte Winterwetter lädt mich nicht zum Verweilen ein. Doch schon die Hausnummer 8 bringt mich auf neue Gedanken: Hier liegt der Ursprung des berühmten Stiegl-Brauhauses. Ende des 15 Jahrhunderts soll hier schon gebraut worden sein. Wie auch immer, zum Abendessen gönnte ich mir auch ein Stiegl-Bier, allerdings deutlich jüngeren Datums.

Das klassische Salzburg.

Anderntags stand die Festung Hohensalzburg auf meiner Programmliste. Im Winter mied ich die moderne Standseilbahn, welche ein bequemes Hinaufgleiten in weniger als einer Minute verspricht. Ich suchte und fand den Fußweg hinauf zu dem markantesten Wahrzeichen der Stadt. Die körperliche Anstrengung des Aufstiegs hielt sich zwar in Grenzen, aber sorgte doch für ein angenehmes Betriebsklima. Innerlich erwärmt hatte ich nun genügend Muse für die klassischen Ausblicke auf die Stadt Salzburg von oben. Die Festung an sich überrascht nicht, bietet aber genug, um sich für einen halben Tag zu beschäftigen, Dinge anzuschauen und atmosphärische Erfahrungen aufzusaugen.

Wieder unten in der Stadt wollte ich die zweite Tageshälfte mit Mozart füllen. Mozarts Geburts- und Wohnhaus sowie auch dessen berühmte Kugeln, welche im Original wohl auf die Konditorei Fürst zurückgehen dürfte. 1890 soll sie von Paul Fürst erfunden worden sein. Es gab sehr viele Streitigkeiten um das süße Kleinod und aufgrund fehlender Rechte auch viele Nachahmer. Wie auch immer schmecken tun sie immer.

Zum Abschluss meiner kleinen Städtereise wollte ich Schloss Mirabell und den gartenarchitektonisch hochgelobten Mirabellgarten besichtigen. Hätte ich besser im Reiseführer nachgeschlagen! Dann hätte ich gewusst: Heute befinden sich im dort die Amtsräume des Salzburger Bürgermeisters und der Stadtverwaltung. Nun gut, der Garten war auch im Winter einen Besuch wert.

Zweig und Trakl

Eigentlich wollte ich noch die Spuren erkunden, die Stefan Zweig in Salzburg hinterließ. 1917 ließ er sich in einem Haus am Kapuzinerberg nieder. 1934 musste Zweig Salzburg auf Druck der Nationalsozialisten verlassen. Stefan Zweig emigrierte nach London.

Auch Georg Trakl und sein tragisch kurzes Leben standen auf meiner Agenda. 1887 in Salzburg geboren, in Krakau nahm er sich 1914 nach traumatischen Kriegserlebnissen das Leben. Schön wär es gewesen, ein wenig tiefer in das Leben des jungen Dichters einzutauchen. Allein, erbarmungslos fest stand das Ende meiner Reise. Der Zug über München nahm mich zurück aus der kurzen, winterlichen Auszeit in Salzburg. Wiederkommen definitiv erforderlich!

Mehr Bilder von Salzburg findest Du in unseren FotoprojektenSalzburg im Winter

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