03 Dez Sebastiao Salgado GENESIS
erschienen im Taschenverlag, Köln
Sebastiao Salgado ist sicher einer der bekanntesten Fotografen unserer Zeit. Dank Wim Wenders Dokumentarfilm „Salz der Erde“ wurde der aus Brasilien stammende, aber in Paris lebende Fotograf einem breiten Publikum bekannt. Auch bei vielen, die sonst mit Fotografie nicht viel zu tun haben.
Aber damit nicht genug. Vergangenes Jahr bekam Salgado in Frankfurt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen, als allererster Fotograf. Verdienterweise, so finde ich. Denn bei ihm gilt: eine seiner meisterhaften Schwarzweißfotografien sagt oftmals mehr als gleich ein ganzes Kapitel eines Buchs. Egal ob nun Belletristik oder Sachliteratur. Schließlich bedeutet der aus dem Altgriechischen abgeleitete Begriff „Fotografieren“ auch nichts weiter als „mit dem Licht zeichnen bzw. schreiben“. Die meisterhaften Fotoaufnahmen ziehen den Betrachter in ihren Bann.
Sozialdokumentarische Fotografie
Sebastiao Salgado ist ein Vertreter der sog. „sozialdokumentarischen Fotografie“. D.h. er erzählt mit seinen Bildern Geschichten von benachteiligten Menschen, oftmals am Rande der Gesellschaft. Dies tut er stets einfühlsam und ohne Voyeurismus, sprich mit der Absicht, den abgebildeten Menschen mit den Fotos eine Stimme zu geben. So schuf Salgado unter anderem Fotobände wie „Arbeiter“ und „Migranten“. Die ausdrucksvollen SW Aufnahmen erzählen Geschichten vom weltweiten Elend der Arbeiter oder der Menschen auf der Flucht…ausdrucksvoller als manche in Buchstaben gehaltene Reportage…
Der Fotograf war stets sozial engagiert und arbeitete auch zusammen mit zahlreichen internationalen Organisationen auf diesem Gebiet…so z.B. mit Ärzte ohne Grenzen oder der Menschenrechtsorganisation „Survival International“, die sich für indigene Völker in Brasilien einsetzt.
Auch der brasilianische Regenwald war und ist für den Fotografen stets ein Thema. Nicht nur fotografisch gesehen. Er engagierte sich dabei selbst und veranlasste die Bepflanzung des Grundstücks seiner Familienfarm mit Regenwaldbäumen…mit Erfolg…
Genesis…
…so lautet der Titel dieses erstklassigen Fotobands – und der darin enthaltenen Bilder. Ein Wort mit vielen Bedeutungen. Auch wenn ohne religiöse Intention, so passt das was man auf den grandiosen Schwarzweißaufnahmen sieht tatsächlich zu der biblischen Bedeutung des Begriffs „Genesis“. Der gleichlautende Titel jenes ersten Buchs des Alten Testaments bedeutet in etwa „Schöpfung“. Genau das sehen wir auf den großartigen Fotografien: unseren Planeten wie er ursprünglich geschaffen war – und an doch zahlreichen Stellen auch heute noch ist. Vom modernen Menschen unbehelligt. Gigantische Natur, wie sie ein Mensch überhaupt nicht erschaffen könnte.
Dort, wo ansonsten keiner hinkommt…
…dort war Sebastiao Salgado über mehrere Jahre unterwegs. Dorthin, wo die Welt noch ursprünglich ist und wo selbst ein erfahrener Rucksacktourist kaum hinkommt…ins Herz Afrikas, ins Inselinnere Papua-Neuguineas, zu indigenen Völkern rund um den Globus, in kaum erschlossene polare Regionen…wie etwa in die russische Region Kamtschatka, auf die Wrangel Insel oder auch in das Alaska abseits der Zivilisation. Praktisch alle der Bilder in diesem großartigen Band sagen uns: ja, es gibt sie noch, die unberührte, ursprüngliche Natur auf unserem Planeten…dort wo sich der moderne Mensch bislang noch nicht breit gemacht hat….
…die Ausstellung machte in München Station…
…im Winter 2015/16 im Kunstfoyer der Versicherungskammer in der Maximilianstraße. Damals kam ich mit den Fotografien zum ersten Mal näher in Berührung. „Salz der Erde“ hatte ich damals leider im Kino versäumt, dafür besorgte ich mir im Anschluss an den Ausstellungsbesuch die DVD. Auch hier lohnt sich der Kauf…wenn ich auch glaube, dass die großartigen Bilder auf einer Kinoleinwand noch besser beim Betrachter ankommen…
Den Kunstband „Genesis“ bekam ich erst im vergangenen Jahr zu Weihnachten geschenkt. Einer der absoluten Schätze in meiner Büchersammlung. Ein Buch, das man sich immer wieder von neuen ansehen kann…und immer wieder neues entdeckt.
…
…Beispiele
es fällt mir nicht leicht, welche Bilder ich hier als Beispiele nennen soll. Etwa die Pinguine, die sich vom Eisberg ins Meer stürzen, oder die Luftaufnahme mit der riesigen Herde Zebras, die der Fotograf in der afrikanischen Savanne geschossen hat…oder etwa der Tatze des Leguans auf der Rückseite des Bucheinbands…
…besonders gelungen ist das Konzept, dass das Buch an sich weitgehend den Bildern das Wort erteilt. Zwar wird den jeweiligen Kapiteln eine Einführung vorangestellt…zu den Fotografien selbst findet man aber zunächst einmal keine näheren Informationen. Dies macht es möglich, dass man die Bilder ganz einfach auf sich wirken lassen kann. Wer nähere Informationen will, für den ist dem großen Bildband ein Beiheft hinzugefügt…wo der Interessierte für sämtliche Aufnahmen des Fotobands nähere Beschreibungen findet…
Das Buch möchte ich trotz des nicht ganz niedrigen Preises besonders allen Interessenten der sozialdokumentarischen Fotografie ans Herz legen. Nicht minder dürften alle Naturfotografen an dem Band ihre Freude haben.
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Geri ist leidenschaftlicher Fotograf mit einem intensiven Blick für verborgene Details. Er arbeitet ausschließlich digital und zeigt seine Arbeiten u.a. auch bei 24notes.
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