„lost places an der Peene“ - teil 3 - 24notes
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„lost places an der Peene“ – teil 3

„lost places an der Peene“ – teil 3

Die Hubbrücke Karnin an der Peene (3)

Der 3. Teil der Reihe „lost places an der Peene“ führte uns Fotografen von Peenemünde im Nordosten in den Südwesten der Insel Usedom nach Karnin. Dort befindet sich das heutige „technische Denkmal“, die Eisenbahn-Hubbrücke Karnin. Sie ist der mittlere Teil der so ge­nannten „Karniner Brücke“, einer ursprünglich etwa 360 m langen Eisenbahnbrücke zwischen dem Festland und der Insel Usedom bei Karnin. Die Brücke wurde 1933 fertiggestellt und war Bestandteil der Bahnstrecke Ducherow–Heringsdorf–Wolgaster Fähre, die heute nur noch zwischen Swinemünde und Wolgast existiert und betrieben wird.

Panorama Brücke an der Peene

Ursprünglich wurde die „Karniner Brücke“ 1875 zusammen mit der Eisenbahnlinie Ducherow – Heringsdorf in Betrieb genommen. Vorgänger der zweigleisigen stählernen Hubbrücke in der Mitte war eine eingleisige handbetriebene Drehbrücke. Seit dem zweigleisigen Ausbau der Eisenbahnstrecke im Jahr 1908 vergrößerte sich der Passagier- und Lastverkehr der Bahn, so dass 1932/33 ein neuer zweigleisiger Mittelteil in die Brücke eingebaut wurde.

Rekonstruktionsversuch der Brücke

Prinzip Hubbrücke

Man entschied sich dabei für das Prinzip der Hubbrücke, die schneller zu bedienen war und damit einen schnellen Eisenbahnverkehr zur Insel und zurück ermöglichte. Die Hubkonstruk­tion nutzte das Hebeprinzip mit zwei an Seilen hängenden Gleiströgen und an Seilen geführ­ten Gegengewichten. Dieser Hub-Teil war ca. 52 Meter lang bei insgesamt 360 Metern Ge­samtlänge des Brückenbauwerks. Bei abgesenkten Hubteilen konnte die Brücke zweigleisig befahren werden. Die Höhe des stählernen Hubturmes betrug 35 Meter, die Hubhöhe des beweglichen Brückenteils aus zwei Hubteilen (Gleiströgen) betrug 28 m, die Spannweite 47 m. So konnten bei hochgezogenen Gleiströgen auch größere Schiffe die Brücke passieren. Der Mittelpfeiler der alten Drehbrücke wurde als zusätzliches mittleres Auflager für die abge­senkten Hubteile genutzt.

Links: Rollen der Hubmechanik  Rechts: Mächtige Stahlkonstruktion

Die Brücke bei Karnin war die wichtigste Verkehrsanbindung von Usedom an das Festland. Sie überquerte die Peene an ihrer schmalsten Stelle und war für die touristische Erschließung und Entwicklung der Insel Usedom besonders wichtig. Aber auch die militärischen Einrich­tungen der Wehrmacht und der Luftwaffe konnten so schneller erreicht werden (Muniti­onslager bei Usedom, Heeresversuchsanstalt Peenemünde ab 1936).

Lotsen-Turm

Am 28. April 1945 wurden die Bogenbrücken von der deutschen Wehrmacht auf dem Rückzug ge­sprengt, um der sowjetischen Roten Armee den Vormarsch zu erschweren, die eigentliche Hubbrücke im Mittelteil wurde nicht zerstört. Die Hubteile bzw. Gleiströge wurden vorher in die oberste Posi­tion gefahren, wo sie auch heute noch verklemmt hängen. So steht der Rest der Brücke seit Kriegsende als Überrest und technisches Denkmal mitten in der Peene.

links: Beide Hubteile sind hochgezogen rechts: Poller aus Holz

Nach 1945

Das restliche Brückenbauwerk wurde nach 1945 nicht wieder aufgebaut, unter anderem deshalb, weil die Eisenbahnstrecke vom deutschen Festland jetzt zuerst ins polnisch gewor­dene Swin­emünde (Świnoujście) führte. Die Verbindung dorthin war unnötig geworden und wurde über Swinemünde hinaus bis nach Ahlbeck abmontiert. Die gesprengten und in die Peene gefallenen der an beiden Seiten befindlichen stählernen Bogenbrücken wurden geborgen und zum Teil zum Wiederaufbau der zerstörten Oderbrü­cken in Küstrin verwendet.

Links: Nur ein Kormoran da Rechts:  Seezeichen

In den 1960er Jahren wurden der Wiederaufbau der Brücke und der Bahnstrecke geplant, doch wurde dieser bisher immer wieder verschoben. Eine Anbindung Usedoms an das Fest­land erfolgte 2000 über die neue Brücke in Wolgast, die als kombinierte Eisenbahn– und Straßenbrücke ausgeführt wurde.

1990 sollte die Hubbrücke Karnin schließlich abgerissen werden. Doch der Kreisnaturschutzbeauftragte für die Insel Usedom u.a. Personen machten die Öffentlichkeit auf eine einzigartige Brutkolonie von Turmfalken auf dem Brückefragment aufmerksam. Ein vorschneller Abriss wurde so verhindert.

rechts: Brücke mit Betriebsgebäude  links: Kormoran-Kolonie

Schließlich wurden 1992 die „Usedomer Eisenbahnfreunde e. V“ gegründet, die einen denkmalpflegerischen Erhalt und eventuellen Wiederaufbau der Brücke zum Ziel hatten. Der Verein restaurierte ab 1997 den Bahnhof Karnin und betrieb dort von 1999 bis 2005 eine Ausstellung zur Streckengeschichte.

Ende der Gleise

Weiterplanung

2004 wurde in einer DB-Planung der Wiederaufbau der Bahnstrecke HeringsdorfSwinemünde (Świnoujście) und Ducherow als internationales Projekt aufgeführt. Die Fahrzeit zwischen Berlin und der Insel Usedom würde sich über diese Eisenbahnverbindung von fast vier auf etwa zwei Stunden verkürzen.  2010 gründeten rund 50 Politiker und Wirtschaftsvertre­ter aus Deutschland und Polen in Berlin das Aktionsbündnis Karniner Brücke, welches den Wiederaufbau der Bahnstrecke und damit die Reaktivierung der Brücke vorantreiben sollte. Im November 2010 startete dazu eine bundesweite Petition. Im Jahre  2012 wurde das Projekt wegen wirtschaftlicher Unrentabilität verworfen.

Anfang Oktober 2012 veröffentlichte die DB dann Planungen, die eine neue Klappbrücke hinter der Hubbrücke und eine eingleisige Bahnstrecke vorsahen.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern meldete die Strecke für den Bundesverkehrswegeplan 2030 an, doch wurde das Projekt nicht realisiert. Im September 2014 schließlich bildete sich eine „Bürgerinitiative Karnin 21“, die sich gegen die Wiederinbetriebnahme der Eisenbahnlinie über Karnin aus­sprach. Heute steht das fragmentarische Brückenbauwerk der Hubbrücke unter Denkmalschutz.

Panorama Brücke an der Peene

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