27 Okt Die Geschichte des Nationalsozialismus in München
In München ist leider sehr viel passiert
Seit drei Jahren gibt es nun in München das „NS-Dokumentationszentrum“ in der Brienner Straße. In diesem Haus wird Geschichte lebendig gemacht und die unrühmliche Rolle unserer Stadt im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus beleuchtet. Ich halte es allgemein für wichtig, dass wir uns mit Geschichte auseinandersetzen. Egal in welchem Land nun jemand lebt oder welcher Generation er oder sie angehört.
Mit einer lebendigen Erinnerungskultur sollten wir versuchen, aus den Fehlern die wir im Laufe unserer Geschichte gemacht haben zu lernen. Gerade deswegen sollten auch künftige Generationen wissen, was zwischen 1933 und 1945 hier in Deutschland passiert ist und vor allem auch nach Antworten suchen, warum es so weit gekommen ist. Nur so haben wir eine Chance, künftig Fehler zu vermeiden – in Deutschland genauso wie anderswo.
Die Geschichte des Nationalsozialismus in München
Deswegen ist es gerade für uns hier wichtig, sich speziell mit der Vorgeschichte des Dritten Reichs auseinanderzusetzen. Leider hatte recht vieles, was damals passierte, hier in München seinen Ausgangspunkt gehabt. Einiges davon geht zeitlich gesehen zurück in die Jahre der Weimarer Republik. Ich finde, dass wir die Vorgeschichte der NS-Herrschaft ganz gern ein wenig vernachlässigen. Ebenso wie das Kapitel der Machtergreifung. Genau an diesen Baustellen müssen wir aber arbeiten, wollen wir denn eine Chance haben, es in Zukunft besser zu machen. Das gilt nicht nur für uns Münchener und uns Deutsche, sondern für die Bürger aller Nationen. Denn ähnliche Brutstätten für ein totalitäres Regime können sich auch anderswo entwickeln.
Was machte den Nationalsozialismus in München so erfolgreich?
Die NSDAP wurde bereits 1919 in München gegründet. Darüber hinaus gab es bereits während den Zwanzigern in München und Bayern starke autoritäre und reaktionäre Strömungen, mehr als anderswo, wie beispielsweise in Berlin, wo es verstärkt linksradikale Tendenzen gab.
Ein Putschversuch der Nationalsozialisten im Jahr 1923 scheiterte zwar – am 9. November desselben Jahres wurden die rechten Putschisten von der Landespolizei an der Feldherrenhalle angehalten. Für Hitler endete das „Abenteuer“ zunächst im Gefängnis in Landsberg. Er kam aber im Jahr darauf bereits wegen guter Führung wieder frei. Auch nutzte er die Haftzeit zum Schreiben. Es entstand der erste Teil seines Buches „Mein Kampf“.
Für eine kurze Zeit konnte sich die deutsche Wirtschaft durch den Dawes-Plan etwas erholen – die goldenen 20er Jahre bescherten den Münchnern wie auch vielen anderen Deutschen wirtschaftliche und politische Lichtblicke. Leider nur für kurze Zeit. Dann ging es durch die Weltwirtschaftskrise wieder bergab. Denn weder dafür noch für das Problem der Kriegsreparationen gab es Seitens der Regierung befriedigende Lösungen. Hitler legte erneut los. Er fand immer mehr neue Anhänger sowohl in den Bierkellern als auch in der feinen Gesellschaft. Wegen der schlechten Wirtschaftslage setzten auch viele aus den Reihen des Bürgertums ihre Hoffnung auf die Nationalsozialisten. So wurde die Bewegung stark gemacht. München war zwar sicher nicht die einzige Nazi-Hochburg im Reich. Auch in Berlin zum Beispiel hat sich allen voran Joseph Goebbels für die Partei stark gemacht. Sehr vieles hatte aber leider hier in München den Anfang genommen.
„Hauptstadt der Bewegung“
Anfang 1933 kam Hitler in Berlin an die Macht. Berlin blieb Hauptstadt und Regierungssitz, während die Parteiverwaltung bis Kriegsende 1945 in München blieb. Auch hatten viele Elemente des aufkommenden Terrorapparates hier ihren Ausgang. So residierte z.B. die Gestapo im Wittelsbacher Palais in der Brienner Straße. Vor den Stadttoren gründete man bereits 1933 in Dachau das erste Konzentrationslager im Reich. Alle späteren KZs in Deutschland oder in den besetzen Gebieten folgten diesem Modell.
Ab 1935 erhielt München von Hitler den Ehrentitel „Hauptstadt der Bewegung“. Die ganze Stadtplanung, allem voran in der Maxvorstadt musste sich den Interessen der Parteiverwaltung unterordnen. Zwischen Odeonsplatz und Karolinenplatz errichtete man viele Gebäude für die Parteiverwaltung oder baute vorhandene zu diesem Zweck um. Der Königsplatz wurde zu einem Aufmarschplatz gestaltet. Man errichtete hier als Kultstätte zwei Ehrentempel für die „Gefallenen der Bewegung von 1923“. Damit hatte die Bewegung dann ihren „Wallfahrtsort“
Symbol der Beschwichtigungspolitik
1938 wurde im „Führerbau“ (heute Musikhochschule) das berühmt-berüchtigte „Münchener Abkommen“ unterzeichnet – von den Herren Daladier (Frankreich), Chamberlain (UK), Mussolini (Italien) und Hitler. Die Absicht: Ein Krieg sollte verhindert werden. Aber nur etwas mehr als ein Jahr später brach der Krieg dann aus – „München“ im Sinne des Abkommens von 1938 gilt seitdem als geflügeltes Wort für „Beschwichtigungspolitik“. Was der Krieg in ganz Europa anrichtete wissen wir alle. Ebenso weiß wohl jeder über die Tragweite der sog. „Endlösung“, die allerdings in Berlin beschlossen wurde – im Rahmen der sog. Wannseekonferenz 1943.
München nach dem Krieg
Als ich die Filmaufnahmen sah, wie München 1945 nach Kriegsende aussah, war ich schockiert: Eine Trümmerwüste, wo ich nur wenige Gebäude als Ruinen wiedererkennen konnte. Wer bisher noch ungeschoren davongekommen ist, der bekam spätestens zu dieser Zeit das Grauen zu spüren. Fazit: es trifft am Ende jeden.
Kurz zusammengefasst
Hier in diesem Rahmen kann ich nicht alles, was es zum Thema „München im Nationalsozialismus“ zu sagen gibt, erwähnen. Ich befasse mich recht viel mit diesem Thema, vielleicht werde ich hier künftig auch zu anderen Einzelaspekten dieses Stücks deutscher Geschichte etwas schreiben. Interessant finde ich zum Beispiel die„Kunst und Kultur im Dritten Reich“ oder auch die„Münchener Gegner des Naziregimes“, davon gab es auch zahlreiche. Ich möchte wärmstens empfehlen, sich zu dem Thema Literatur zu besorgen oder immer wieder einmal eine der Gedenkstätten zu besuchen.
Das NS-Dokumentationszentrum
In der Brienner Straße 34, wo einst das „Braune Haus“ stand, befindet sich heute das NS-Dokumentationszentrum. Der Besucher findet hier zu allen Aspekten zum Thema NS-Staat umfangreiche Informationen in Form von Schautafeln, Bild- und Quellenmaterial.
Das ist auch gut so. Denn es ist wichtig, dass gerade bei diesem sensiblen Thema sich jeder seine Meinung selbst bildet. Einzelne können sich immer irren, auch Kollektivirrtümer kennen wir nur allzu gut. Gerade das Dritte Reich übte auf viele eine Blendkraft aus, wodurch Kollektivirrtümer bestens gediehen.
Es ist für mich nachvollziehbar: Wir tun uns schwer mit diesem Kapitel der Geschichte. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn ich zu dieser unheilvollen Zeit gelebt hätte. Vielleicht wäre ich ins Ausland gegangen, aber aktiv politischen Widerstand geleistet hätte ich wohl eher nicht. Denn: Widerstand war extrem gefährlich. Ich habe zwar eine hohe Meinung von allen, die in dieser Zeit im Widerstand aktiv waren. Wer ihn aber wagte, der durfte weder Gefängnis, noch Folter und Tod scheuen. Diesen Preis bezahlten die meisten der Widerstandskämpfer für das, was sie taten. Auch heute wären wohl nur wenige dazu bereit. Ein breiter, aktiver Widerstand wird wohl auch in Zukunft die Ausnahme sein.
Was wir tun können
Eine andere Möglichkeit haben wir allerdings: Wir müssen alles daransetzen, um einen derartigen Staat von Anfang an zu verhindern. Deswegen müssen wir wissen, wie ein solcher Unrechtsstaat seinen Anfang nahm. Nur so können wir versuchen, an der richtigen Stelle zu handeln. Und dabei auch das Richtige zu tun. Das ist sicher nicht einfach. Aber Nichtstun ist sicher keine Lösung.
Wichtig ist, dass wir alle von unserem Wahlrecht verantwortlich Gebrauch machen. Dazu gehört, sich zu informieren, sich eine eigene Meinung zu bilden und mit diesem Hintergrund an die Wahlurne zu gehen. Eigentlich ein uralter Hut. Den Politikern auf die Finger schauen? Auch das sollten wir tun und da dürfen wir ruhig eine gewisse Nachhaltigkeit an den Tag legen. Polemik dagegen können wir uns sparen. Ein guter Politiker wird zwar Rückgrat haben und vieles einstecken können. Doch eines ist klar: Der Job eines Politikers in unserer komplizierten Zeit ist kein Honiglecken. Daher habe ich vor allen Frauen und Männern, die sich politisch in demokratischen Parteien engagieren, großen Respekt.
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Geri ist leidenschaftlicher Fotograf mit einem intensiven Blick für verborgene Details. Er arbeitet ausschließlich digital und zeigt seine Arbeiten u.a. auch bei 24notes.
Tabea
Posted at 12:05h, 27 OktoberDanke für diesen Post. Ich wusste noch gar nicht, dass München für die NSDAP so wichtig war… Dann ist es wohl echt wichtig, gerade in dieser Stadt das Bewusstsein weiterhin für diese grausame Zeit offen zu halten.
Trotzdem nervt es mich manchmal, dass Deutschland immer mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht wird, da viele der heute hier lebenden nie zu dieser Bewegung beigetragen haben.
Viele Grüße