24 Okt Blumen am Wegesrand
Am Ortsrand von Eching. Donnerstag abends etwa halb acht. Das Marathon-Lauftraining ist geschafft!
„So das war’s Mark, komm gehen wir zum Wagen und fahren heim!“
„Tja Torsten, nach drei Wochen außer Gefecht konnte ich heute mal wieder mittrainieren, bloß mit Kitzbühel, das wird leider nix am Sonntag.“
„Mensch Mark, OK du warst krank aber das ist vorbei! Du musst dich einfach mal überwinden, sonst haste nie wirklich Erfolg! Und ist doch nur ein Halbmarathon. Will dir ja nicht zu nahetreten, aber in deiner Firma, geht das da so einfach, einen Gang runter?“
„Du Torsten, sorry, geht einfach nicht Sonntag. Ist eben auch wegen der Firma. Lag zehn Tage flach, und bisher ging es so, aber gleich wieder ‚ne Woche fehlen weil ich wieder krank werde, das kann ich mir nicht erlauben. Heut in einer Woche zum Beispiel haben wir ne verflixte Sache beim Notariat, die muss ich in die Hand nehmen, kriegt außer mir niemand auf die Reihe!“
„Ach Mensch Mark, musst letztlich du wissen, klar, aber was meinste wie es bei mir aussieht? Das Leben ist nun mal ne Herausforderung! Was denkst Du wie es bei Melli im Call-Center abgeht? Ich bin gestern bis kurz vor zwölf vorm PC gehockt und hab an der Präsentation gewerkelt. Und muss jetzt auch gleich noch an ein paar Kleinigkeiten rumfeilen. Morgen ist Freitag, und meine Kollegin hält die Präsentation am Montag im Sofitel am Münchener Hauptbahnhof…Tschuldigung mein Handy klingelt, ist meine Kollegin“
„Ach hallo Elke, ja, ich weiß, bin gerade mit dem Training fertig. Fahr jetzt heim und dann mach ichs dir auch gleich.“
„Wie bitte, Sport? Verdammt du weißt doch…
„Du Elke, ich hab’s dir doch gerade vorher in der Firma noch gesagt. Ich hab die Fotos noch nicht bekommen, ich hoffe dass ich sie jetzt in der Mailbox habe, und dann mach ich es sofort“
„Mensch dann mach denen halt mal mehr Druck….“
„Du Elke, ich mach’s sofort, versprochen! Aber die von der Agentur können auch nicht dauernd nur nach meiner Pfeife tanzen“
„OK, aber bitte wirklich so schnell wies geht. Dann geh ichs durch, morgen um punkt halb neun dann das Meeting: wir beide plus Chef!“
„Ja OK bis gleich“
„Mark, los geht’s steig ein“
Abfahrt. Wieder klingelt Torstens Handy. Fährt los und nimmt Gespräch über Freisprechanlage.
„Ach hi Melli, bin grad unterwegs zurück nach Hause“
„Wird auch Zeit…“
„Du sorry wird auch Zeit, du weißt dass ich jetzt die ganze Woche jeden Tag über zwölf Stunden gearbeitet habe…“
„Also komm, muss jeder wenn er was aus sich machen will. Und jetzt zeig einfach mal was du kannst und jammere nicht rum!“
„Du bitte fall mir jetzt nicht noch in den Rücken, daheim muss ich jetzt gleich noch was fertig machen, und dann können wir essen. Du weißt, dass wir am Montag die neue Software präsentieren und das eilt verdammt noch mal. Bitte verstehe es…“
„ja gut, ich reiße mir den Arsch auf, und dann wird das Essen kalt, tschüss“
„Tschüss bis gleich!“
„Ach Mist“, jetzt regnets auch noch“
„Na ja, wenigstens sind wir vorher beim Training nicht nass geworden“
„Ach Mensch Mark, wirklich nichts gegen dich, ich aber muss jetzt wirklich schnell heim, hast ja gerade gehört, bei mir brennts an allen Ecken.“
„Du Torsten ehrlich, auch nichts gegen dich, ich hoffe das ist klar, aber dass du dich so verausgabst für diese Sache? Software für Selbstoptimierung, da ist doch schon so massenhaft Zeugs auf dem Markt, meinst du wirklich da könnt ihr noch was großartig neues bringen“
„Mark, was wir auf den Markt bringen wollen ist ein Allround-Produkt. Da ist alles drin, kompatibel mit den meisten Handy Apps, vom Schrittzähler bis zum Schlafsupervisor, und die Daten können dann auf dem PC optimal ausgewertet werden“
„Mensch, was wollt ihr da noch ne Steigerung! Am Ende ist doch nobody perfect, nicht mal der Papst oder der Dalai Lama!“
„Wenn man so denkt, dann läuft nichts, das ist klar. Man muss die Sache einfach positiv sehen, dann gibt es eine reelle Chance. Klar, keine Garantie, aber die gibt es nirgends! Und jetzt sorry, muss mich aufs Fahren konzentrieren. Wird sonst immer später, und ich krieg dann immer noch mehr Stress!
„Ja gut, liegt aber nicht nur an mir, du siehst den Lahmarsch vor uns mit seinem tollen Opel, der zottelt mit gerade mal 90, und hier sind doch hundert erlaubt“.
„Ja stimmt, ich überhol ihn, wenns geht. Na ja hoffentlich geht’s – sieht fast so aus als dass der einen gehoben hat wie der rumschlängelt…Na gut, dann mal los“
Ansetzen zum Überholvorgang.
„Der schert total aus! Scheisse, pass auf“!!!“
Ende des Zwiegesprächs. Torstens Handy klingelt erneut. Eine Frauenstimme spricht auf die Mailbox:
„Ja hallo Torsten, ich bins Melli, sorry dass ich vorher so knatschig war mit dir, aber du weißt auch ich habe nen vollen Kalender bei mir in der Zentrale. Bin momentan die einzige die den Laden schmeißen kann, meine Vertretung macht gerade ne Weltreise.“
Abends gegen halb neun. Über ein Dutzend Polizeifahrzeuge, Rettungsautos und Abschleppwagen. Immer noch! Und ein Polizeikommissar, der mit der Taschenlampe die Umgebung des überschlagenen Wagens absuchte.
„Ah, ein totes Eichhörnchen haben wir hier, wurde wohl totgefahren beim Crash, Mobiltelefon haben wir hier im Graben. Das hat den Crash wohl ohne Schaden überstanden. Wird beschlagnahmt zur Auswertung der Verbindungsdaten.“
„Ja Herr Kollege Kommissar Beiler, Fahrer und Beifahrer tödlich verletzt, Handy intakt, wirklich tröstlich…und der Fahrer des Opel?“
„Wurde in die Klinik gebracht, Ärzte meinten am Telefon hätte sich ein paar Knochenbrüche und ne Gehirnerschütterung eingehandelt, aber nichts Lebensbedrohliches. Alkoholtest ergab 1,5 Promille, morgen dürfte er vernehmungsfähig sein. Ah jemand will mich im Wagen erreichen…Moment mal, Kollmann“
„Beiler, was gibt’s neues, haben sie Neuigkeiten über den Fahrer des Opels?.
„Ja, da gibt es gleich Mehreres: anderthalb Promille, also absolut fahruntüchtig. Aber das ist nicht alles. Der Fahrer ist zum einen polizeibekannt, oder genauer, vorbestraft wegen Trunkenheit am Steuer und deswegen auch nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis. Ein paar andere Sachen müssen da noch ausgewertet werden. Ist noch nicht ganz raus, aber einiges deutet daraufhin, dass dieser Opfelfahrer zum Zeitpunkt des Unfalls ein Gespräch mit seinem Mobiltelefon geführt hat. Ne Freisprechanlage hatte er nicht. Außerdem hat er seinen Hauptwohnsitz unten in der Nähe von Brixen, Südtirol also, sprich Italien! Nach all dem können wir ihn nicht laufen lassen, da wacht ein Kollege im Krankenhaus, das weitere entscheidet morgen der Haftrichter.“
„Habe verstanden“
War vor ungefähr einem Jahr. Es erinnern noch ein paar Blumen an das, was geschah!
Geri ist leidenschaftlicher Fotograf mit einem intensiven Blick für verborgene Details. Er arbeitet ausschließlich digital und zeigt seine Arbeiten u.a. auch bei 24notes.
Dieter Brehm
Posted at 11:59h, 24 OktoberServus Tabea,
zum Glück ist es nur Fiktion. Ein Stück Kurzgeschichte von Geri. Dennoch spricht er reale Probleme an.
Viele Grüße,
Dieter
Tabea
Posted at 09:22h, 24 OktoberSchlimm… Einfach nur schlimm, wie gefährlich Alkohol, Stress an der Arbeit und Handys am Steuer doch si
Tabea
Posted at 09:25h, 24 Oktober… Doch sind. Hoffentlich sehen vielen Leute deinen Post und lassen dann immer entweder die Finger von Steuer oder vom Alkohol.
Und weniger Leistungsgesellschaft wäre vielleicht auch gut. Weiß man, warum der Fahrer getrunken hatte?
Viele Grüße
(Tschuldigung fürs halbe Kommentar, das Handy hat abgeschickt, bevor ich fertig war.)