16 Feb Beuys – ein Film von Andreas Veiel
„Beuys“ – ein Dokumentarfilm über einen legendären Künstler
Ausnahmsweise möchte ich hier bei unseren Buchempfehlungen einmal einen Tipp für eine DVD geben: den Dokumentarfilm „Beuys“. Dass Dokumentarfilme ins Kino kommen finde ich immer ganz spannend. Bei einigen lohnt es speziell, wenn man sie sich auf der großen Leinwand ansieht. Heute möchte ich einen Film vorstellen, der hier in München bereits auf dem Dok-Fest 2017 vorgestellt worden ist, und kurze Zeit später regulär ins Kino kam. Leider habe ich selbst es nicht geschafft, mir den Film auf der Kinoleinwand anzusehen. Zuviel Arbeit gehabt, soll ja vorkommen. Mittlerweile gibt es den Film auf DVD, und so kam ich auf diese Weise doch noch zum Zug.
Der Verfilzte mit dem Filzhut
Wohl kein Künstler in Deutschland, vielleicht sogar weltweit, war so umstritten wie Joseph Beuys. Für die einen das Genie schlechthin, das den Begriff der Kunst regelrecht revolutionierte, für die anderen ein Scharlatan. Auch nach seinem Tod polarisiert er weiter. Optisch vorstellen können sich ihn die meisten unter uns: diesen Mann mit seinem legendären Filzhut. Ein Original, eine der perfektesten Selbstvermarktungen eines Künstlers. Und mehr als das nur das.
Einige seiner Plastiken können auch noch manche von uns sich vorstellen: wie z.B. den legendären Fettstuhl. Ebenso untrennbar verbunden ist der Name Beuys mit den documenta Ausstellungen in Kassel, wo er wiederholt mitgewirkt hatte, bis zu seinem frühen Tod 1986 und auch darüber hinaus. Seine Installationen und anderen Kunstaktionen waren und sind für die meisten Betrachter kaum oder gar nicht verständlich. Davon nehme ich mich selbst nicht aus.
Wie ich mit der Kunst Joseph Beuys in Berührung kam
1987 besuchte ich zum ersten Mal die documenta in Kassel. Jeder, der in den vergangenen fünfzig Jahren einmal dort war, der kam um Joseph Beuys nicht herum. Also auch unsereins nicht. Ausgestellt war in jenem Jahr „Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch“. Ich konnte mit dieser Installation nichts anfangen und bezeichnete sie so in ungefähr als Schrott. Andere Leute wiederum sahen das anders, und von meiner Bekannten, die mich damals auf der documenta begleitete wurde ich prompt scharf kritisiert, dass es einfach nicht angeht, Kunst zu der man keinen Zugang findet gleich als Schrott abzuqualifizieren.
Schon damals besuchte ich regelmäßig Kunstmuseen. Und Werke von Beuys gab es in fast allen. Ehrlich: für die meisten seiner Kunstwerke fehlte mir das Verständnis. An einer Stelle hatte ich aber schnell umgedacht: er war zwar sicher ein hochgradiger Spinner. Auch war seine Persönlichkeit wohl verfilzter wie sämtliche seiner Filzhüte zusammen die er jemals besaß, ein Scharlatan aber war er nicht. Die Kunstwerke von ihm waren durchweg extrem aufwändig, ein Scharlatan wäre viel zu faul gewesen, sich derart abzurackern, wie es Beuys getan hatte. Und wer die Kunstwerke betrachtet der kommt zum Schluss: zwar oft extrem befremdlich, aber niemals billig.
Der Film
Es kam was kommen musste: obwohl damals schon feststand, dass der Film regulär ins Kino kommt, waren die Vorstellungen auf dem Münchener Dokfest ausverkauft. Leider habe ich den Film auch im Kino versäumt, ich bereue es bis heute, nämlich gerade dieser Film, so glaube ich, entfaltet erst im Kino auf der großen Leinwand seine volle Wirkung.
Der Film lohnt sich aber auch auf DVD. Unterhaltsam und informativ, und trotz des nicht gerade umkomplizierten Sujets nicht unverständlich intellektuell. Vor allem den Menschen Joseph Beuys konnte ich in diesem Film doch sehr gut kennenlernen. Wie er die Kunst neu definierte, also sein berühmter erweiterter Kunstbegriff, sein Engagement an der Kunstakademie, seine gesellschaftlichen und politischen Visionen. Das was ich aus seiner Biographie schon kannte – ein Buch über ihn hatte ich zwischenzeitlich gelesen – das konnte ich mir hier bildlich recht gut veranschaulichen. Überhaupt nicht belehrend, man kann sich den Film auch jederzeit nach Feierabend anschauen und dabei entspannen.
Erleuchtung?
Nein, das wäre sicher zu viel gesagt. Wer Joseph Beuys als Person besser kennt kommt zwar seinen Werken ein Stück weit näher. Wer den Film gesehen hat, der weiß danach einiges mehr über ihn. Trotzdem werde ich nie behaupten können, dass ich nun das tiefe Detailverständnis für Werke wie z.B. „Zeige deine Wunden“ oder die „Honigpumpe am Arbeitsplatz“ aufbringen kann. Näher gekommen bin ich allerdings den Anliegen von Beuys und der Art von Weltverbesserer, die er zu seinen Lebzeiten war. Er hatte Visionen, er wollte Denkanstöße in die Welt setzen, schritt manchmal auch zu Taten, er hatte politische Ideen, die allerdings äußerst utopisch waren – selbst für die „Grünen“ Anfang der Achtziger Jahre ging er zu weit. Er war eben Künstler, und verfolgte diese Rolle mit Nachhaltigkeit. Für eine politische Umsetzung 1:1 wären seine Ideen definitiv zu radikal gewesen. Wäre auch heute noch so. Doch Bedeutung hat er nach wie vor. Schon vor vierzig Jahren vertrat er eine Kritik am Kapitalismus und an der Geldwirtschaft, wie sie gerade in der heutigen Zeit wieder laut wird.
?Empfehlenswert?
Auch auf DVD kann ich den Film wärmstens weiterempfehlen. Gerade bei Joseph Beuys sind nicht nur die Kunstwerke an sich interessant. Wer sich seinem Kunstwerk annähern möchte, der muss zum einen seine Biographie kennen. Weiter wichtig ist auch stets die Entstehung eines Werks und gleichfalls dessen Rezeption beim Publikum. Auch spielt Performance bei der Kunst von Beuys oftmals sogar eine entscheidende Rolle. All dies zeigt der Film, anhand zahlreicher Fotos, Filmausschnitte und Interviews. Kein Buch kann dieses Material so komprimiert und anschaulich darstellen. Ich bin sogar der Meinung, selbst jemand, der sich bislang noch gar nie mit Joseph Beuys beschäftigt hat, kann mit dem Film etwas anfangen und sich dabei gut unterhalten.
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Geri ist leidenschaftlicher Fotograf mit einem intensiven Blick für verborgene Details. Er arbeitet ausschließlich digital und zeigt seine Arbeiten u.a. auch bei 24notes.
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