Zehn Zehn Zwanzig Vierundzwanzig - 24notes
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Zehn Zehn Zwanzig Vierundzwanzig

Literatur und Film

Zehn Zehn Zwanzig Vierundzwanzig

Hannah Green : Ich habe dir nie einen Rosengarten versprochen

Zehn Zehn…Tag der seelischen Gesundheit. Man spricht heute darüber…über eine Sache die vor fünfzig Jahren noch weitgehend ein Tabu war: seelische Krankheiten. Vieles hat sich inzwischen geändert: über Krankheiten wie Burnout, Depressionen, Zwangsstörungen und selbst Essstörungen oder Borderline, wird heute mehr oder minder offen gesprochen. Fällt vielen zwar nicht leicht. Eine Katastrophe bedeutet eine solche Diagnose allerdings nicht mehr.

Anders bei schweren Krankheitsbildern, allem voran der Schizophrenie. Obwohl auch diese Krankheit recht häufig ist, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie etwa Depressionen. Vielen macht die Krankheit  Angst…und sie ist für Außenstehende auch nicht leicht nachvollziehbar. Auch für mich nicht. Vieles was über Schizophrenie an Gerüchten kursiert sind allerdings Vorurteile und Mythen, die mit der Realität wenig zu tun haben. Allem voran: wir haben hier eine behandelbare Krankheit, nicht in allen Fällen komplett heilbar. Meist aber kann man eine Besserung erreichen.

… und dann machte ein Bestseller von sich reden

Anlässlich des diesjährigen Tags der Seelischen Gesundheit am 10.10.2024 möchte ich hier auf ein Buch hinweisen, das vielleicht jüngere Leute gar nicht mehr kennen.

Das Buch mit dem Titel „Ich habe dir nie einen Rosengarten versprochen“ von Hannah Green  erschien im Jahr 1964 und wurde zu einem weltweiten Bestseller. In den Siebziger Jahren erschien der Roman in einer deutschen Übersetzung. Der in Teilen autobiographische Roman bzw. „Bericht einer Heilung“ beschreibt das Schicksal einer jungen an Schizophrenie erkrankten Frau. In einer Zeit, in der Schizophrenie noch weitgehend als nicht behandelbar galt. Und in der ein Aufenthalt in einer Nervenklinik noch um ein vielfaches stigmatisierender war als es heute ist. Nicht nur für den Patienten selbst, sondern oftmals auch für dessen Familie. Trotzdem verfasste die Autorin Joanne Greenberg unter dem Pseudonym „Hannah Green“ diesen Erfahrungsbericht…sie selbst musste im Jahr 1948 die Erfahrung einer stationären Behandlung in der Psychiatrie machen.

Das Buch wurde einige Jahrzehnte nach seinem Erscheinen sehr häufig gelesen, die letzten zehn, zwanzig Jahre wurde es etwas ruhiger um den Roman. Vielleicht auch weil zwischenzeitlich doch zahlreiche Bücher zum Thema auf den Markt kamen, auch wissenschaftlich gesehen auf neuerem Stand.

Hintergrund: autobiographisch!

Behandelt wurde sie von der bekannten Psychotherapeutin Frieda Fromm-Reichmann, deren Vater niemand Geringerer war als der berühmte Erich Fromm. Ihre Behandlung war erfolgreich. Aber der Weg zur Genesung war sehr steinig. Mehrfach erleidet die Protagonistin Rückfälle und mußte die damals in psychiatrischen Klinken üblichen mitunter recht unmenschlichen Behandlungen, wie etwa die Behandlung in der Kältepackung u.ä, über sich ergehen lassen. Am Ende aber wurde sie als geheilt entlassen – damals eher eine Ausnahme als die Regel.

Kultfilm der Programmkinos

Das Buch wurde auch unter dem gleichlautenden Titel verfilmt. Auch der Film des britischen Regisseurs Anthony Page mit u.a. Kathleen Quinlan und Bibi Andersson als Starbesetzung wurde ein Kinoerfolg. In Deutschland lief er zwar überwiegend in Programmkinos, in dieser Nische machte er aber als überwältigender Erfolg von sich reden.

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…und heute

… haben wir zum Glück andere Verhältnisse als noch in den 70ern oder gar zuvor. Die Psychiatrie ist in der heutigen Zeit keine Tabuzone mehr, auch wenn es vielen nach wie vor unangenehm ist darüber zu sprechen.

Statement

Das Buch wurde weltweit zum Bestseller, die Verfilmung ein großer Erfolg. Sprich: obwohl vor allem noch in den 50ern und 60ern die Psychiatrie als widerwärtiges Schreckgespenst galt, über das man nicht sprach – erreichten Buch und Film ein riesiges Publikum. Ich finde daraus dürfen wir folgern, dass das Thema die Menschen trotz allem Tabu nicht unerheblich beschäftigte. Viele hatten auch damals bereits Familienangehörige oder auch anderweitig Bekannte, die aus irgendeinem Grund in der sog. Klapsmühle gelandet  waren – nur traute man sich beinahe nicht, darüber zu mit irgendjemanden zu sprechen. Wäre schon beinahe ein Sakrileg gewesen, das man obendrein noch mitunter belächelt hätte

Der Film wurde für den Oscar für das beste Drehbuch nominiert. Beiläufig nur an dieser Stelle: „Einer flog über das Kuckucksnest“ wurde gleich mit fünf Oscars ausgzeichnet. Der große Jack Nicholson erlebte damit gleich seinen ganz großen Durchbruch. Schon sehr interessant, dass gerade „solche“ Filme derart großen Erfolg haben…

Allem verdienten Ruhm zum Trotz, ich frage mich, was uns diese Buch- und Filmerfolge mit auf den Weg geben sollen. Ich denke wir sollten froh sein, dass das Schreckgespenst Klapsmühle ein gutes Stück weit seinen Schrecken verloren hat. Und dass wir dafür sorgen sollten, dass dies so bleibt. Die zwischenzeitlich zu Klassikern gewordenen Werke, sollten wir sie nicht als Fingerzeig sehen (auch wenn manches Vorurteil von früher abgebaut wurde) ?

Fazit

Das Buch ist keine leichte Kost, ich sehe es eine Meisterleistung der Autorin, über diese für die meisten Menschen schwer zugängliche Materie einen Roman zu schreiben – zumal dies zum damaligen Zeitpunkt meines Wissens eine Pionierleistung war. Die Psychiatrie an sich war zuvor bereits wiederholt in der Literatur aufgetaucht, nicht jedoch speziell die Schizophrenie.

Mythen und Horrorgeschichten über psychisch Kranke kursieren nämlich leider nach wie vor. Oftmals Geschichten, die mit der Realität wenig zu tun haben. Dies geht nach wie vor nicht nur massiv auf die Kosten der Betroffenen und ihren Familien…sondern schadet auch der Gesellschaft als Ganzes erheblich! Je später sich ein Patient in Behandlung begibt, desto schwieriger gestaltet sie sich oftmals…muss das denn sein?

Zumindest sollten wir uns darum kümmern, dass es in puncto Entstigmatisierung psychisch Kranker keine Rückschläge gibt. Zehn Zehn sollte weiter diesem Anliegen gerecht werden.

Und: jeder, der nicht mehr weiter kann, der kann die Nummer der Telefonseelsorge 0800 111 0111 (evangelisch) oder 0800 111 0 222 (katholisch) wählen. Oder sich auch in die Aufnahme einer psychiatrischen Klinik begeben. Niemand reißt dort jemanden den Kopf ab.

 

 

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