18 Apr Words for a Window
Nein, hier geht es nicht um Bill Gates oder Winzigweich. Man beachte den Titel genau. Hier sind Plural und Singular vertauscht. Also kann diese Fotoserie nichts mit dem berühmten Textverarbeitungsprogramm zu tun haben. Man darf den Titel auch nicht wörtlich nehmen. Jene Wörter die einem Fenster gelten sollten, sind solche, die wir erst noch suchen müssen. Die also definitiv noch nicht gefunden worden sind.
…die Fenster
Die Fotos entstanden in Halle an der Saale, die meisten davon konkret in Halle-Freiimfelde und in Halle-Neustadt. An zahlreichen Stellen der Stadt und insbesondere in den eben genannten Vierteln ist nach wie vor deutlich sichtbar, in welchem Teil Deutschlands man sich befindet: im ehemaligen Osten. Leider ist immer noch recht viel dem Zerfall preisgegeben, und zwar sowohl ältere Bausubstanz aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg (Halle wurde damals vergleichsweise wenig bombardiert), als auch Bauten aus der Zeit nach dem Krieg, sprich zu DDR-Zeiten. Bis vor kurzem ist die Einwohnerzahl der Stadt stetig zurückgegangen. Die Leerstandsquote im Stadtteil Freiimfelde betrug bis vor einigen Jahren über die Hälfte. Mittlerweile ist sie nicht mehr ganz so hoch. Das Viertel ist ein sozialer Brennpunkt.
…der Zahn der Zeit…
…nagt bekanntlich an allem. Und greift ihm niemand dazwischen, so frisst er unablässig weiter. Aber auch diese Gebäude haben ihren ganz speziellen Charme. Mehrere Akteure haben das gestaltet, was man jetzt vorfindet. Erst wurden die Häuser gebaut, dann vielleicht ein- oder auch mehrmals renoviert. Dann haben natur- und menschgemachte Faktoren auf die Bauten und ihren Fassaden eingewirkt, von den menschgemachten Ausstößen der Industrie bis hin zu den Naturkräften von Wind und Wetter. Und das Ergebnis ist bei diesen Bauten, die keine oder nur eine notdürftige Renovierung erfahren haben genau das, was wir auf den Bildern sehen. Am Ende folgten noch die Plakatierungen und die Schmierereien.
…die andere Seite der Medaille
In Halle an der Saale hat sich an zahlreichen Stellen auch einiges getan: Street Art Künstler haben zahlreiche Fassaden bemalt und besprüht…es gibt hier eine große Zahl an hervorragenden Urban Art Werken. Dies verleiht den betreffenden Straßenzügen eine ganz spezielle Attraktivität. Ihr „Look“ ist auf der einen Seite anarchisch, aber andererseits auch frisch.
Aber so attraktiv diese Kunstwerke auch sind und wenn ich davon natürlich auch eine ganze Reihe von Fotos gemacht habe: speziell bei dieser Fotoserie geht es mir um solche Flächen, die noch nicht verschönert worden sind. Ich wollte sie festhalten, so wie wir sie momentan, im Frühjahr 2018 (noch) vorfinden. Mit allen was dazugehört: die morbide Ästhetik und die Tristesse. Ich würde mir wünschen, wenn diese Stadtviertel zumindest etwas weiter aufgewertet werden. Wie, das wird die Zeit zeigen.
Wie geht es weiter
Ich habe natürlich nachgefragt, und man versuchte mir die Situation in Halle etwas verständlich zu machen. Richtig verstehen glaube ich kann man das Problem nur wenn man länger dort gewohnt hat, oder am allerbesten die ganzen (nicht immer erfreulichen) Entwicklungsschritte der Stadt miterlebt hat. Wie ich gesehen habe, werden einige der leerstehenden Räume als Künstlerateliers angeboten. Es bleibt also spannend, wie es weitergeht. Ich würde mir sehr wünschen, dass das Viertel nicht weiter verkommt. Zumindest habe ich den Eindruck, dass hier Leute schon einiges an Arbeit hineingesteckt haben. Und einige dies auch gerne weiter tun wollen.
Demnächst werde ich hier bei 24notes einen Beitrag über die zahlreichen Urban Art Wandgemälde die es mittlerweile dort gibt veröffentlichen. Mit vielen Fotos.
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Geri ist leidenschaftlicher Fotograf mit einem intensiven Blick für verborgene Details. Er arbeitet ausschließlich digital und zeigt seine Arbeiten u.a. auch bei 24notes.
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