28 Jul 24one n° 4 Zartes Pflänzchen
24one n° 4
Zartes Pflänzchen
Mal Gras über die Sache wachsen lassen. Nun gut, wie man zu wissen meint heilt Zeit ja Wunden. Das tut sie auch manchmal, das ist auch gut so.
Wenn man in der Geschichte oder der Vergangenheit herumforscht, dann sollte dies in der Regel vor allem eine Sache zum Ziel haben: für die Zukunft lernen. So und nicht anders besteht die Chance, dass ein eventueller Graswuchs nachhaltig ausfallen kann.
Das Foto hier zeigt eine Gedenktafel am ehemaligen sog. „Führerbau“ (heute Hochschule für Musik und Theater), in dem im Herbst 1938 zwischen Nazideutschland und Italien, Frankreich und dem Vereinigten Königreich jenes berühmt berüchtigte Abkommen über das Sudetenland geschlossen wurde, womit die Tschechoslowakei als Staat de facto geopfert wurde um einen Kriegsausbruch (noch) abzuwenden. Seither ist „München“ und das damalige Abkommen das Sinnbild schlechthin für Beschwichtigungspolitik. Nicht einmal ein ganzes Jahr hatte es danach gedauert, bis am 01.09.1939 mit dem deutschen Einmarsch in Polen der Zweite Weltkrieg in Europa ausbrach.
Das Münchner Abkommen 1938
Wir sehen auf dem Bild die nicht ganz leicht leserliche Gedenktafel. Plus am Bildrand ein kleines grünes Pflänzchen, mit dem die Natur wie an so vielen anderen Stellen auch zurückschlägt. Ist es wörtlich zu nehmen, dass also über diese Sache noch nicht nachhaltig Gras gewachsen ist?
Die Sache war ein schwieriges Unterfangen. Denn erst hatte Hitler sowohl das Sudetenland als auch das restliche tschechische Territorium besetzt, die Slowakei hatte sich bei dieser Gelegenheit abgetrennt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dann die deutschstämmige Bevölkerung aus Tschechien gewaltsam vertrieben…da hat es seine Zeit gebraucht, bis man sich ein Stück weit angenähert hat…zwischenzeitlich haben aber auch die Vertriebenenverbände hier in Bayern Interesse an einer Annäherung gezeigt…
Ich möchte mit diesem Bild auch nichts über das deutsch-tschechische Verhältnis aussagen. Was ich vielmehr sehe ist dass man generell wenn es um territoriale Konflikte geht immer noch allzu sehr geneigt ist, kurzlebige faule Kompromisse zu schließen. Sprich eben für den Rest der Welt keine Lehre aus diesem „Münchner Abkommen“ gezogen hat.
Krieg verhindern wollen gleich Beschwichtigung?
Krieg gilt es grundsätzlich zu verhindern. Deswegen sollte man hier den anderen Beteiligten (außer Hitler) auch nicht allzu sehr zum Vorwurf machen, dass sie sich 1938 zu diesem Deal eingelassen hatten. Ist meine Ansicht, muss man nicht so sehen. Aber vielmehr sollten wir einsehen, dass wir die Anfänge abwehren müssen, damit sich die Staatsführungen bestimmter Staaten gezwungen sehen, sich auf einen solchen de facto wertlosen Kompromiss nochmals einzulassen. An dieser Stelle aber hapert es…
Ein zartes Pflänzchen ist auf der Mauer gewachsen…bleibt zu hoffen, dass es gedeihen kann!
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Geri ist leidenschaftlicher Fotograf mit einem intensiven Blick für verborgene Details. Er arbeitet ausschließlich digital und zeigt seine Arbeiten u.a. auch bei 24notes.
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